Die Erwartungen an Unternehmen verändern sich mit den Themen, die die Gesellschaft insgesamt bewegen. War es früher vor allem die Funktion als Arbeitgeber, die Unternehmen zu erfüllen hatten, sind die Anforderungen heute vielschichtiger. Unternehmen werden als Akteure im gesellschaftspolitischen Kontext verstanden, und es wird von ihnen erwartet, dass sie entsprechend Verantwortung übernehmen. Auf diese Entwicklung haben viele Unternehmen reagiert, indem sie einen Purpose formulieren.
Und längst gibt es auch handfeste finanzielle Gründe: Eine Umfrage der Personalberatung Korn Ferry unter knapp 800 Investoren und Analysten zeigte schon 2019, dass eine Mehrheit von Führungskräften erwartet, mit einem klar definierten Unternehmenssinn zu führen.
Und nicht zuletzt zeigen auch Befragungen von jungen Menschen, die ins Berufsleben einsteigen, dass es ihnen häufig wichtiger ist, sinnstiftend zu arbeiten als viel Geld für irgendeinen Job zu bekommen.
Was ist der Purpose eines Unternehmens?
Im besten Fall formuliert der Purpose eines Unternehmens darüber, welches übergeordnete Ziel das Unternehmen verfolgt. Reine Gewinnerzielungsabsichten sind damit weniger gemeint als vielmehr der Beitrag, den das Unternehmen auch gesellschaftlich leisten möchte. Das muss nicht immer die Weltrettung sein. Lange bevor die Diskussion um die Aufgaben von Unternehmen so intensiv wie heute geführt wurde, hatte Walt Disney formuliert: „We want to make people happy“. Kurz und prägnant ist hier zusammengefasst, was Auftrag und Ziel des Unternehmens ist. Gleichzeitig ist das eine inspirierende Aufgabe. Und es ist vor allem zeitlos. Auch das aktuelle Mission-Statement von Walt Disney ist im Kern eine nachvollziehbare Fortsetzung des ursprünglichen Ziels.
Viele aktuell formulierte Purpose-Statements von anderen Unternehmen aber leiden darunter, dass man ihnen ansieht, dass sie mehr dem Zeitgeist geschuldet sind als einer echten Überzeugung. Das wiederum wirkt wenig inspirierend.
Purpose formulieren: Wie geht das?
Wer formulieren soll, welche Aufgabe ein Unternehmen sich als Ziel setzt, steht vor einer großen Herausforderung. Wenn dann noch dazu kommt, dass die Formulierung kurz und prägnant sein soll, scheint die Herausforderung oft unüberwindbar. Häufig läuft es deshalb drauf hinaus, dass aus einem kurzen Statement ein Aufsatz wird, in dem alle wichtigen Aspekte berücksichtigt werden. Leider ist das Ergebnis dann für das eigentlich verfolgte Ziel unbrauchbar. Es ist weder prägnant noch eingängig und auch nicht inspirierend.
Die immer wieder anzutreffende babylonische Sprachverwirrung resultiert zumeist aus einer fehlenden Analysephase. Das wiederum führt dazu, dass die notwendige Fundierung für eine zielgerichtete Diskussion fehlt. Wer einen Purpose formulieren möchte, sollte daher damit beginnen, einen kritischen Blick auf das eigene Unternehmen zu werfen und die Meinung verschiedener Stakeholder einzuholen. Damit wird eine gute Grundlage geschaffen, das Image des eigenen Unternehmens realistisch einzuschätzen. Und das muss die Basis sein, um einen Purpose zu formulieren.
Diesem Fremdbild wird das Selbstbild des Unternehmens gegenübergestellt. Das Selbstbild ergibt sich aus Einschätzungen des Managements, einer Befragung von Gruppen oder der ganzen Belegschaft. Der Abgleich von Fremd- und Selbstbild offenbart, an welchen Punkten Unternehmen überzeugend sind und an welchen nicht. Vor allem zeigt er auch auf, welche Leistungsdimensionen in welchem Umfang erfüllt werden.
Für einen möglichen Purpose ergeben sich daraus praktische Konsequenzen. Stellt ein Unternehmen eine Leistungsdimension in den Fokus ihres Purpose, die aus Sicht der Stakeholder nicht zu ihren Kernkompetenzen zählt, muss das Unternehmen genau an dieser Kompetenz in Zukunft spürbar arbeiten oder aber läuft Gefahr, unglaubwürdig zu sein oder zu werden.
Auch in Bezug auf zu anspruchsvolle Formulierungen wie die Rettung der Welt ist eine solche Analyse hilfreich. Sie zeigt das notwendigerweise eingeschränkte Kompetenzfeld. Positiv gewendet ergibt sich aber auch genau daraus, ein vernünftiger Ansatz: Wo Substanz ist, kann gebaut werden.
Purpose formulieren: Wer machts?
Bleibt zum Schluss die Frage, wer den Purpose formuliert? Lesen und Schreiben kann fast jeder, daher versuchen sich auch gerne alle daran. Zielführend ist das nicht. Die Entscheidung über die Formulierung liegt beim Management. Die Formulierungsvorlage sollte vom Kommunikationsspezialisten des Unternehmens kommen.