Orientierung als Sinn: keine Gefolgschaft ohne Ziel

Die Corona-Pandemie hat sich auf viele Bereiche unseres Lebens massiv ausgewirkt und unsere Orientierung gestört. Dies hat in Teilen der Bevölkerung zu einer tiefen Verunsicherung geführt, die zum Beispiel in den Demonstrationen zum Ausdruck kommen, die sich gegen die Pandemie-Maßnahmen der Bundesregierung wenden. Wie bei Demonstrationen nicht unüblich, wenden sie sich zuallererst gegen etwas. Eine gemeinsame Vorstellung der Demonstranten für etwas ist hingegen nur schwer auszumachen. Der kleinste gemeinsame Nenner dürfte die Forderung nach einer schnellen Rückkehr zur gewohnten Normalität vor der Pandemie sein.

Grundsätzlich ist diese Entwicklung nicht überraschend. Veränderungen in einem solchen Ausmaß – zumal wenn sie überraschend kommen – führen immer in Teilen zu Widerstand. In der Change-Theorie ist das Leugnen von Veränderungsnotwendigkeit gerade in der Anfangsphase von Change-Prozessen ein bekannter Tatbestand. Im Fall der Corona-Maßnahmen kommt erschwerend hinzu, dass immer noch nicht absehbar ist, wie stark die Auswirkungen auf die verschiedensten Bereich langfristig sein werden.

Bei Veränderungsprozessen in Unternehmen wird diesem Widerstand begegnet, indem durch eine Vision ein Ziel aufgezeigt wird, das einen besseren Zustand verspricht als die aktuelle Situation. Dieses Ziel gibt Orientierung, wirkt sinnstiftend und schafft ein Gemeinschaftsgefühl, das eine Pro-Haltung ermöglicht.

In der Corona-Krise scheint es schwierig, eine solche Vision zu entwickeln. Politik handelt meist risikoorientiert, d.h. im Normalfall wird der Weg des geringsten Risikos gegangen. In der Pandemie bedeutete dies zunächst, die Zahl der Infektionen gering zu halten, um eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Dieses Ziel hat auch weiterhin Priorität, steht aber mittlerweile nicht mehr alleine. Zunehmend wird eine Abwägung zwischen dem Ziel, Infektionszahlen gering zu halten, und die Folgen der dafür notwendigen Maßnahmen zu berücksichtigen, wichtiger.

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Was fehlt – und das ist zentral in Veränderungsprozessen – ist ein erkennbares Ziel, das Orientierung gibt. Ähnlich wie bei Veränderungsprozessen in Unternehmen sind die Folgen absehbar. Ohne Orientierung geht die Gefolgschaft verloren. Wer zeigt, warum etwas verändert werden muss, muss auch zeigen, wohin die Veränderung führt. Das war bei Ausbruch der Pandemie natürlich nicht direkt möglich, ist aber einige Monate später eine Grundvoraussetzung, um Orientierung zu geben.

Viele Unternehmen haben sich mit den neuen Gegebenheiten bereits recht gut arrangiert. Homeoffice ist ein Standard geworden, der auch nach der Pandemie bleiben wird. Videokonferenzen haben Dienstreisen abgelöst und auch dies wird zu einem guten Teil so bleiben. Für beides sprechen wirtschaftliche Gründe: geringere Miet- und Reisekosten für Unternehmen. So hat sich schnell ein „new Normal“ etabliert, das aber von Beginn an ein klares Ziel hatte: Unternehmen und Arbeitsplätze zu erhalten. Das hat für alle Beteiligten Sinn ergeben – und genau den braucht es jetzt auch in der großen Perspektive der Politik.

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